SaoiAebi
  • The World Of
  • SaoiAebi
  • & Friends
  • The World Of
  • SaoiAebi
  • & Friends


SaoiAebi

P*lz

4/12/2016

6 Kommentare

 

Seit ein paar Wochen kann ich nicht mehr entspannt durch die Strassen flanieren. Nicht aufgrund des Dichtestresses durch vorweihnachtliche Kaufräusche (Stichwort: Black Friday) und auch nicht wegen den VelofahrerInnen, die jetzt langsam alle auf den ÖV umsteigen und Busse oder Trams verstopfen (ich bleibe dem Fahrrad sowieso weiterhin treu und trotze der Kälte – zumindest bis in die seichteren Minusgrade).

Nein, aktuell sieht man beim Anblick der sich behäbig bewegenden Masse wieder mal tief in die seelenlose Abgründe der Menschheit. Damit meine ich nicht die Rücksichtslosigkeit, mit welchem sich gewisse Personen durch den aus Pendlern bestehenden Dschungel kämpfen oder mit Ellenbogen und schwingenden Rucksäcken um Sitzplätze im Zug ringen, sondern in erster Linie die Kleiderwahl.

Also besonders die Wahl der Jacken.


Denn mittlerweile sieht man wieder zahlreiche Mäntel, Anoraks und Parkas mit Echtpelz. Ja, genau, das ist das, was wir eigentlich doch vor langer Zeit mal verpönt und aus dem Mainstream verbannt haben.

Jetzt ist sie also wieder zurück, die unnötige Tierqual. Denn seien wir mal ehrlich: Den Pelz braucht's jetzt wirklich nicht; ja nicht einmal das Pelz-Imitat. Die meisten Menschen in der Schweiz haben die Kapuzen ja sowieso kaum oben (da Eingrenzung des Gesichtsfelds und wenig arktische Wetterbedingungen im Flachland) und wenn, dann bringt ein kleiner Streifen Fell auch nicht gerade viel Wärme oder Schutz. Es kann also lediglich um die Optik gehen.

Die (philosophische) Frage stellt sich also, ob tatsächlich so viele Personen die subjektive Ästhetik eines Kleidungsstücks dem Leben und der Qualen nicht-menschlicher Lebewesen vorziehen. Oder ob sie's einfach nicht besser wissen. Oder ob's ihnen schlichtweg egal ist.


Sicher ist nur, dass das willkürliche Diktat der Mode (ob es sich bei dieser abstrakten Begrifflichkeit vielleicht nicht generell eher um eine "textile" Gehirnwäsche im Rahmen unseres kapitalistischen Wirtschaftssystems handelt, sei jetzt mal dahingestellt) es mal wieder geschafft hat, dass zahlreiche junge Leute einem hässlichen – und das meine ich weniger äusserlich als vorwiegend innerlich – Trend nachrennen. Denn hässlich ist der Weg zum flauschigen Objekt der Begierde allemal. Wer sich einmal Videos angeschaut hat, wie beispielsweise Angora-Kanninchen (Achtung: Schwer verdauliches Bild- und Audiomaterial) oder Kojoten (prominentester Vertreter dieser Tierquälerei ist übrigends das Mode-Flaggschiff „Canada Goose“, deren Jacken man derzeit leider überall sieht) gehalten und gehäutet werden, dem sollte bei vorhandener Empathiefähigkeit eigentlich sehr, sehr schlecht werden. Die Versuche des Kojoten aus den Fallen auszubrechen, sind schwer anzusehen, zumal diese Tiere den unsrigen Hunden nicht ganz unähnlich sehen. Und wer würde schon seinen eigenen Hund häuten und an seine Kapuze heften?

Als wäre der Pelz aus dem Fell eines Kojoten nicht schon genug der Tierquälerei, gibt es bei Canada Goose, Woolrich, Nabholz oder Parajumpers noch mehr (verstecktes) Leid zu finden. Schliesslich sind viele dieser Jacken mit Daunen gefüllt und diese wärmedämmenden Bestandteile sind häufig genauso problematisch wie der Pelz selbst. Für die Fütterung einer Jacke braucht es teilweise mehrere Dutzend Enten oder Gänse, die entweder lebendig oder tot gerupft werden. Häufig geschieht auch heute noch Ersteres, obwohl dies eigentlich in der Schweiz und gemäss EU-Richtlinien verboten wäre (nicht jedoch in den Hauptproduktionsländern China, Ungarn oder Polen, welche ein juristisches Schlupfloch gefunden haben); denn je häufiger man die Federn eines Entenvogels ausreisst, desto feiner werden dessen Daunen – offenbar eine evolutionäre Fehlfunktion (andererseits sind seit dem unaufhaltsamen Ausbreiten des modernen Menschen sowieso jegliche evolutionäre Vor- und Nachteile obsolet geworden).

Das bedeutet also, dass selbst pelzlose Jacken nicht ohne Bedenken gekauft werden können, weil dafür zwar weder Kojoten, Kaninchen, Füchse, Luchse, Waschbären, Biber, Nerze und Hermeline, noch Hunde oder Katzen (beides übrigens sehr beliebt in China, wo ungefähr 80% aller weltweiten Pelzprodukte herkommen) in schrecklichen Bedingungen gehalten (85% aller für die Pelzindustrie verwendeten Tiere verbringen ihr ganzes Leben in engen Drahtkäfigen) und auf brutale Weise getötet und gehäutet werden; aber dafür je nachdem gefiederte Tiere das gleiche Schicksal erleiden müssen.
Und enthält der Anorak zwar auch keine Daunenfüllung, so können selbst dort noch weitere tierische Bestandteile wie Wolle enthalten sein, was häufig ebenso mit ungeahntem Tierleid angereichert ist, wie beispielsweise dieser Artikel über australische Schafwolle offenbart.

Dass wir jetzt im Rahmen dieses Themas noch nicht einmal über die knapp eine Milliarde Lebewesen gesprochen haben, die jährlich für die globale und nicht weniger leidvolle Lederindustrie geschlachtet werden (zur Relativierung: ein beachtlicher Teil dieser Tiere stirbt in erster Linie aufgrund der Fleischproduktion [Nachtrag: Trifft nur bedingt zu, wie diese Dokumentation beweist]; auch wenn dies natürlich die Zahl der von Menschen- resp. eher Maschinenhand getöteten Lebewesen nicht mindert), sollte uns schon zu denken geben, wie sehr unser Verhältnis zu Tieren im Bereich der Mode getrübt oder gar schizophren ist.



Was also kann man tun?



Hier ein paar Vorschläge und Überlegungen:

  • Zunächst mal: Beim Kauf irgendeiner (textilen) Ware auf die „Zutatenliste“ achten und kontrollieren, dass möglichst wenig Tier(leid) darin enthalten ist (ich werde übrigens zu einem späteren Zeitpunkt auf das „Menschenleid“ in der Textilindustrie eingehen; immerhin möchte ich durch meine Denkanstösse insgesamt Leid vermindern – egal ob tierisches oder menschliches).
 
  • Ein künstliches Imitat dem Echtpelz vorziehen. Wie man das auch ohne Konsultieren der stofflichen Zusammensetzung rausfindet, seht ihr hier.
 
  • Sich selber davon überzeugen, dass es generell wenig Pelziges an der Jacke braucht (sich also gegen den Trend stellen). Denn jegliches Tragen von Pelz – sei es echter oder falscher – erhöht die Chancen, dass Andere mitziehen und sich dann womöglich eine Jacke mit Echtpelz erwerben. Zudem ist es nicht immer einfach, die Beiden zu unterscheiden, weshalb ihr den Echtpelz-TrägerInnen ermöglicht, in der Masse unterzugehen.
 
  • Wenn euch solche Leute begegnen (bspw. vis-à-vis im Viererabteil im Zug): Allen Mut zusammen nehmen, die Person auf den Pelz ansprechen und freundlich nachfragen, ob es sich bei dem Parka um Echt- oder Kunstpelz handelt (selbst wenn ihr das Tierfell schon entlarvt habt, ist diese Frage zu Beginn eines Gesprächs wohl psychologisch geschickter). In einer anschliessenden Diskussion kann dann mit rationalen Argumenten versucht werden, eine Sensibilisierung und ein empathischeres Handeln zu fördern.
 
  • Wer nichts von ruhig Blut hält, kann auch direkt in die Offensive gehen und gleich mit der verbalen Ächtung beginnen. Die Chance, damit beim Gegenüber langfristig etwas zu erreichen, ist zwar wohl geringer als beim gefühlsneutralen Austausch; andererseits verhält es sich ähnlich wie bei Homo- oder Xenophobie: Jeder kann tragen/machen/sagen, was er/sie will, aber dann muss man auch mit sozialer Ächtung umgehen können (also das gleichzeitige Existieren von Meinungsfreiheit und Political Correctness). Ausserdem mögen es die wenigsten Menschen, sich stets rechtfertigen zu müssen, zumal man keine vernünftigen Argumente für sein Handeln besitzt. Womöglich lässt man den Mantel das nächste Mal also lieber zuhause, wenn man immer böse Blicke kriegt oder in moralphilosophische Gespräche mit Unbekannten verwickelt wird.
 
  • Und wer sich eher in der literarischen Gattung der Dramatik Zuhause fühlt, soll sich doch an folgendes Skript halten: Zunächst den/die EchtpelzträgerIn komplimentieren, um eine positive Beziehung zum Gegenüber aufzubauen. Anschliessend einen Geistesblitz vortäuschen und erklären, dass eigentlich Siam- oder Langhaarkatzenfell auch optisch sehr ansprechend aussähe. Dann nachfragen, ob das Gegenüber Haustiere besitze und ob diese zu ersteigern wären („Geld spielt keine Rolle; ich will einfach einen schönen Pelzkragen!“). Falls kein Haustier vorhanden sein sollte, halt nachfragen, ob Freunde oder Verwandte eines besitzen („Kaninchen oder Hamster würde wohl auch gehen.“). Am Schluss notfalls den fiktiven Hund der eigenen Mutter in Betracht ziehen („Ist zwar nicht so exquisit wie ein Siamkatzenfell, aber wird wohl schon noch hübsch aussehen. Zudem hat ein Hund ja mehr Fell, weshalb ich als Dankeschön noch einen Kragen für meine Mutter anfertigen lassen könnte.“).
    Im Verlaufe dieses Gesprächs wird wohl irgendwann die kognitive Dissonanz des Gegenübers hervortreten und dann kann man selber entscheiden, ob man das groteske Theater weiterspinnt oder eher auf einer Metaebene weiterdiskutiert. (Sollte übrigens euer/eure GesäprchspartnerIn bis am Schluss keine Anzeichen einer kognitiven Dissonanz zeigen, dann möglichst rasch verabschieden und das Weite suchen, da ihr womöglich einem/einer Psychopathen/Psychopathin begegnet seid.)
 
  • Wer zu zweit unterwegs ist, kann übrigens auch eine halblaute Diskussion über Pelz und die damit verbundenen Grausamkeiten führen, so dass alle PelzträgerInnen im nahen Umfeld garantiert von den von ihnen unterstützten Gräueltaten mitkriegen (und sich hoffentlich dabei mächtig schämen).
 
  • Organisationen wie PETA oder Vier Pfoten unterstützen, die sich stark gegen den hässlichen Pelzhandel einsetzen und auch anderes Tierleid (wie eben Daunen, Wolle oder Leder) in der Textilbranche entlarven (hier übrigens der Link zu einer aktuellen Petition gegen Stopfmast und Lebendrupf).
 
  • Mit denjenigen Detailhändlern Kontakt aufnehmen, die Echtpelz oder Daunenjacken im Angebot haben (Globus, PKZ, Manor, Coop City, Migros usw.) und sie auf das Thema ansprechen. Dabei darf man ruhig auch nachfragen, weshalb überhaupt Echtpelz und/oder Daunenjacken angeboten werden müssen. Natürlich könnt ihr auch Canada Goose und Co. anschreiben, welche ja überhaupt für die Produktion solcher Jacken verantwortlich sind.
 
  • Ebenso aktivistisch: Euch auf einen belebten Platz in Nähe einer der oben-genannten Einkaufsläden stellen und den Passanten die Videos aus den Links von oben zeigen (dann müsst ihr euch aber auf heftige Diskussionen mit Passanten und Ladenbesitzern gefasst machen).
 
  • Eine etwas passivere Handlung: Die oben-verlinkten Videos anschauen (wenn ihr dies beim Lesen dieses Textes bisher bewusst unterlassen habt). Und zwar auch dann, wenn ihr nur vegane Jacken und Kleider im Schrank habt (was fast niemand ausschliesslich hat); denn es geht nicht darum, sich danach schlecht zu fühlen, sondern auch objektive und/oder subjektive Gründe zu sehen und – ganz wichtig – zu spüren, wieso wir uns mit allen Mitteln gegen Pelz und Co. wehren und aktiv werden sollten.
    (Wer sich danach zum emotionalen Ausgleich noch eine informativere, weniger brutale Doku über das faszinierende Leben der Kojoten zu Gemüte führen möchte, der kann dies auch hier tun. Ansonsten empfiehlt sich auch ein kurzes Youtube-Video eines jungen Kojotewelpen.)
 
  • Um langfristige Erfolge zu erzielen, müsste man natürlich auch versuchen, sowohl auf politischer wie auch juristischer Ebene etwas zu erreichen. Es braucht endlich ein Gesetz, dass den Import und Export von Echtpelz verbietet. Meiner Meinung nach gibt es keinen rationalen Grund, wieso nicht jeglicher Pelz an Kleidungsstücken in der Schweiz konfisziert und dann vernichtet werden sollte (also eine ähnlich Handhabung wie beim Elfenbeinhandel). Ich bin mir im Übrigen dessen bewusst, dass ich mit einer solchen Forderung einige jagdfreundliche und gewerbliche Gruppierungen oder Personen verärgere (was ich jedoch gerne in Kauf nehme; siehe: Die Notwendigkeit sich unbeliebt zu machen).
 
  • Wenn ihr jetzt immer noch unbedingt eine Daunenjacke wollt, dann achtet bitte auf verlässliche Standards wie z.B. RDS und TDS, die beide einigermassen zufriedenstellend abschneiden. Bei Wolle gibt es Labels wie GOTS oder IVN, welche empfehlt werden können.



Was wir bei der ganzen Angelegenheit nicht vergessen dürfen, ist, dass die „geistige Evolution“ einer Gesellschaft nicht linear fortschreitet. Das heisst, dass es sich bei diesem aktuellen Pelz-Boom vielleicht bloss um einen kurzen (tierrechts)ethischen Rückschlag handelt – womöglich auch ausgelöst durch das forsche, aber absolut notwendige Streben nach einer (tier)leidfreieren Welt, wie dies zeitgenössische soziale Bewegungen wie der Veganismus öffentlich fordern. Ähnlich wie bei der US-Präsidentschaftswahl offenbart sich bei der Entscheidung, einen Echtpelz zu kaufen, also eine soziologische und bildungspolitische Diskrepanz innerhalb der Bevölkerung; wobei man natürlich festhalten muss, dass sich nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung tatsächlich zu einem solchen Kaufentscheid hinreissen lässt (wohingegen die US-Wahlen einen tieferen Schnitt durch die Gesellschaft aufschliessen).

Trotzdem ist es wichtig, gerade jetzt hinzuschauen und sich gegen Pelz und Co. zu stellen, damit die Kurve unseres ethischen gesellschaftlichen Fortschritts nach diesem hoffentlich kurzen Rückfall wieder deutlich steigen wird.





PS: In meiner Garderobe befindet sich übrigens noch eine dunkelbraune Lederjacke aus den Anfängen der Studiumszeit und eine flauschige Mütze, welche ich mal in den Ferien auf einem Markt ergattert habe – und sich später als Angora-Fell herausgestellt hat.

Getragen habe ich die beiden allerdings schon länger nicht mehr. Vielleicht habe ich Angst darauf angesprochen zu werden. ;-)

Bild
6 Kommentare
SaoiAebi link
4/12/2016 08:49:19 am

Falls ihr übrigens Marken sucht, welche vegane Jacken anbieten, findet ihr hier eine kleine Auswahl:

- Ragwear: Bieten ausschliesslich vegane Jacken an (kann auch online via Planet Sports, About You oder Zalando bestellt werden).

- Derbe: Sind spezialisiert auf daunenlose Wintermäntel (bei About You und Zalando).

- Bleed: Auch diese Marke bietet Winterjacken ohne tierische Bestandteile an (zu finden auf Greenality, Avocadostore oder via Online-Shop).

- Knowledgecotton Apparell, Langerchen, Hoodlamb oder Vaude (ebenfalls zu finden im Avocadostore oder im eigenen Online-Shop)

Antwort
Simon
6/1/2017 12:15:25 am

Patagonia verwendet übrigens auch viele rezyklierte Stoffe. Teilweise enthalten die Jacken zwar noch Daunen, häufig aber immerhin rezyklierte Daunen aus alten Bettdecken, Jacken etc. :-)

Antwort
Simon
5/12/2016 05:37:39 am

Heute hat sich eine Woolrich-Trägerin neben mich gesetzt und da hab ich zunächst ein paar Minuten gebraucht, bis ich tatsächlich den Mut gefunden hatte zu fragen, ob es sich bei dem Kragen an der Jacke um Echtpelz handelte oder nicht.

Wie mir natürlich schon längst aufgefallen war (Stichwort Woolrich), bejahte sie und wollte wissen, wieso ich dies fragte. Ich erklärte ihr, dass ich gerade diesen Artikel über die Bärenjagd im Magazin am Lesen wäre (war tatsächlich gerade so; also ein weiterer schicksalhafter Grund, wieso ich schon heute über meinen Schatten springen musste ;-)) und dass ich es irgendwie krass fände, wie besessen der Mensch von Tierfell oder eben auch Pelz wäre. Sie nickte still.

Ich wollte nun also wissen, wieso sie denn Echtpelz gekauft hatte und nicht bloss ein Pelzimitat.

Sie erläuterte, dass sie also nicht üblicherweise Pelz tragen würde; und es würde sich bei der Jacke um den einzigen Echtpelz in ihrer Garderobe handeln. Doch sie hätte diese Jacke eben noch schön gefunden und wollte zuerst eine billigere - ebenfalls mit Echtpelz - kaufen (die von Woolrich hätte übrigens über 1000.- gekostet), aber da wusste sie nicht, aus welcher "Haltung" die Tiere stammten. Deshalb entschied sie sich für die Woolrich-Jacke, wo man ihr bestätigte, dass da auf ein gutes Tierwohl geachtet würde.

Ich realisierte, dass es sich dabei um die gleiche Leier handelte, wie wenn Leute von ihrem Bio-Fleisch vom Metzger, mit welchem man natürlich per du ist, und der das Vieh noch beim Namen kennt, erzählten. Dass dies jedoch nichts anderes als ein höchst unrealistisches Märchen ist, das man sich einredet, um sein Verhalten rechtzufertigen, vergessen indes die meisten Leute - immerhin verbringen 85% der für die Pelzindustrie verwendeten Tiere ihr Leben ja in Gefangenschaft (in der Fleischindustrie ist die Zahl wohl ähnlich hoch).

Kaum hatte sie den Satz übrigens beendet, fügte sie aber rasch hinzu, dass sie wohl das nächste Mal keine solche Jacke mehr kaufen würde, weil eigentlich gäbe es ja schon sehr tolle Pelzimitate und so.

Wir schwiegen uns kurz an. Dann erklärte ich, dass ich eben auch erst gerade durch einen Kollegen auf diesen Pelz-Boom aufmerksam gemacht worden bin und ich als Katzenbesitzer da irgendwie womöglich eine mitfühlendere und kritischere Sichtweise auf das Thema hatte.

Ihre Schwester hätte auch eine Katze und hätte übrigens kürzlich auch darüber gewitzelt, wie man ihr Fell dann später für eine Jacke verwenden könnte. Andererseits hätte es die Katze ja wohl besser als die eingesperrten Tiere. Und sie würde wohl auch eines natürlichen Todes sterben, fügte sie mit etwas nachdenklicher Stimme an.

Was es denn überhaupt für ein Tier sei an ihrer Jacke, wollte ich wissen.

Keine Ahnung, entgegnete die junge Frau (obwohl sie vorher gerade noch über die guten Bedingungen sprach). Ich mutmasste, dass es sich dabei um Kojotenfell handeln könnte und sie stimmte mir zu.

Wieder ein kurzer Moment der Stille.

Dann holte die junge Frau aus und sagte, dass man aber bei Leder und so auch drauf achten müsse. Das sei ja genauso schlimm wie Pelz.

Ich bejahte und ergänzte, dass sie da natürlich einen wichtigen Punkt angesprochen habe und dass man am besten gar keine tierischen Bestandteile verwenden sollte, wenn es auch anders ginge.

Danach ertönte die Zug-Durchsage und wir verabschiedeten uns freundlich.

FAZIT:
- Eine konstruktive Diskussion ist theroetisch möglich, hängt allerdings von der einfühlsamen und möglichst unaufdringlichen Art der gesprächsführenden Person ab.

- Ausserdem ist es wichtig, dass man ein paar Fakten zum Pelz-Geschäft kennt. Auch sollte man sich nicht auf ein solches Gespräch einlassen, wenn man selber offensichtliche Lederprodukte etc. trägt.

- Interessant waren natürlich ebenso die Strategien, um sein Handeln irgendwie zu verteidigen oder legitimieren. Es ist wohl am Sinnvollsten, genau dort anzusetzen und zu zeigen, dass eigentlich wenig für den Kauf von Echtpelz sprechen würde.

- Und schliesslich darf das Totschlag-Argument "Aber XY ist auch schlimm" nicht die Diskussion zerstören; denn ich würde einer Kollegin ja auch nicht entgegnen, wenn sie mir davon erzählte, dass sie in einer Bar von betrunkenen Typen verbal belästigt wurde; dass sie froh sein könnte, dass sie nicht in ein Kellerverlies gesperrt und vergewaltigt wurde.

Na, eben.

Antwort
Xtof
26/12/2016 02:05:38 am

Wir alle, die wir aus ethischen Gründen das Pelztragen verabscheuen, sind gefragt für die gematerten Tiere einzustehen. Sie können es ja nicht mehr. Das heisst also tief durchatmen und die Gelegenheit nutzen, diese Menschen anzusprechen. Egal wie. Die Hauptsache ist, dass sie merken, dass sie geächtet werden. Irgendwann sollte es für sie zu eine Art Spiessrutenlaufen werden wenn sie mit ihrem Qualprodukt auf die Strasse gehen.

Ich habe immer einen grossen Antipelzaufkleber dabei. Der klebt auf meinem A5-Notzibuch und ist unübersehbar. Der nimmt Platz neben mir in der Bahn oder ich halte ihn den Typen vors Gesicht. Da, wo sich ein Gespräch noch lohnt, beginne ich es ähnlich wie saoiebi aber auch bei mir ist das Energielevel und die Geduld, mir die fadenscheinigen Ausreden anhören zu müssen und sie womöglich auch noch verständnisvoll abnicken zu müssen, am Ende. ALLE WISSEN BESCHEID. Es kann mir niemand mehr weismachen, dass er/sie nicht wusste, dass das Echtpelz ist. Pah! Die Medien sind voll mit dem Thema. Umso schlimmer eben sind die Kreaturen, die sich aus vollem Bewusstsein weiterhin noch hässlicher gestalten als sie ohnehin schon sind. Null Pardon mehr. Und gerade solche Tussis mit Pelz und einem Hund auf dem Arm oder an der Leine gebe ich die verbale Kugel, dass sie nur mit offenen Mund und grossen Augen da stehen. Für das Volk ist jedes weitere Wort Energieverschwendung. Danke. :)

Antwort
SaoiAebi link
26/12/2016 11:03:57 am

Danke für deine Rückmeldung. Ich kann dir da vollkommen zustimmen: Wichtig ist vor allem, dass man auf die Leute zu geht, dass man Probleme in der Gesellschaft nicht einfach ignoriert. Von da her möchte ich dir herzlich danken für deinen Einsatz, Xtof. Denn es ist nicht so einfach, diese persönliche Barriere zu durchbrechen und Leute darauf anzusprechen. Deshalb braucht's mehr Leute wie dich! ;-)

Antwort
Vivienne
8/2/2017 02:13:34 am

Hey Simi!
Danke für diesen Artikel! Schön zu lesen und mit informativen Links vervollständigt! Einge Ideen hätte ich noch welche hier auch Anklang finden dürften aber dafür meld ich mich später mal ;-)
Wäre jetzt zu viel für diesen Kommentar. Eines weiss ich aber jetzt schon: Sobald meine eigene Website am Start ist werde ich deine verlinken! Finde du hast hier einiges zu bieten! Also danke und weiter so! Lg Vivi

Antwort



Hinterlasse eine Antwort.

    SaoiAebi

    Lebenskünstler, Philosoph, Querdenker, Katzenfreund, Hobbykoch, Balkongärtner, Freelanceaktivist, Lehrer, Spirituosenliebhaber, Melancholiker, Musiker, Gesellschaftskritiker, Mensch, Lebewesen, Materie. Oder so.

    Bild
    Archives

    März 2021
    • Die Erste Liebe (Traum-Kurzgeschichte) #AusDerAbsurdenWeltMeinerTräume
    Februar 2021
    • Der Preis von Billig
     Januar 2021
    • The Music Is Dying, Long Live The Music!
    November 2020
    • Quittenkuchen - Ein herbstliches Anti-Foodwaste-Rezept
    Oktober 2020
    • #GlockenNachtruhe - Petition für einen erholsamen Schlaf
    September 2020
    • Der ungleiche Kampf gegen den Wolf, Familienväter und Kampfjets (#abst20)
    August 2020
    • Xenophobe Provokation statt ernsthafter Diskurs über Integration
    Juli 2020
    • "Als Einzelperson kannst du eh nichts bewirken!" (FB-Kommentar)
    Juni 2020
    • Über Schokoküsse, Statuen & alte Filme - Wie die Rassismus-Debatte unsere Gesellschaft spaltet
    Mai 2020
    • Wie Corona mich zum Gamer machte...
    April 2020
    • Zucchetti-Orangen-Kuchen
    März 2020
    • Bärlauchpesto mit Hanfsamen
    • Veganaut in... Brighton (Youtube)
    Februar 2020
    • Veganaut in... London (Youtube)
    • Die Prinzessin und das Einhorn (ein modernes, veganes Märchen)
    Januar 2020
    • Sexy Vegans - Wie Netflix die vegane Bewegung beeinflusst
    Dezember 2019
    • Vegane Hähnchen-Filets mit Couscous
    • Eine Ode an das Joggen
    November 2019
    • #McVGN - Einreichung der Petition
    • Kaki-Safran-Lassi
    Oktober 2019
    • 28 konkrete Tipps gegen den Klimawandel (Youtube)
    • #MakeTheMensaGreenAgain (Petition)
    • WahlPlakatDschungel - Vandalismus oder Plakatverschönerung?
    September 2019
    • Der Rebound-Effekt - Wie aus Gutem Schlechtes wird
    August 2019
    • #McVGN (Online Petition)
    Juli 2019
    • Navratan Korma mit Garlic Naan Brot
    • Generation Weltschmerz
    Juni 2019
    • Zum Stand der Dinge #2 - Za Zaa Vegan
    • Der graue Klick - Über die Klimabilanz von Streaming & Co.
    Mai 2019
    • Gebackene Aubergine mit Chermoula und Polenta
    • Orangen-Thymian-Cheesecake
    April 2019
    • Die Abstraktion der Gewalt
    März 2019
    • Tinder Activism
    • #NachhaltigAir - Einreichung der Petition
    Februar 2019
    • Prinz Herzensgut - Ein veganes Märchen
    • Kill The Heroes!
    • Berlin Pt. II – Friedrichshain (Gastbeitrag Veganaut)
    Januar 2019
    • Der Kampf um das Wissen
    Dezember 2018
    • The Activism Of Being Nice
    • Marroni Schoko Küchlein (vegan)
    • #GepflegterDisstrack - Collection (FB)
    November 2018
    • I Had A Dream (Odyssey, Peace & Closure)
    Oktober 2018
    • #NachhaltigAir
      (Online Petition)
    September 2018
    • Kurzer Nachtrag zum "Stand der Dinge"
    • Zum Stand der Dinge #1 - Gingi
    • Dein Feind, der Plastikstrohhalm
    August 2018
    • Lob der Disziplin
    • Berlin - Die Vegane Hauptstadt Europas (Gastbeitrag Veganaut)
    Juli 2018
    • Der weisse Zipfel Spaniens
    Juni 2018
    • Der Hafen (eine Kurzgeschichte über die Liebe)
    • Keine Kinder sind auch eine Option (Pt. II)
    Mai 2018
    • Keine Kinder sind auch eine Option (Pt. I)
    • La Dolce Vita Vegana (Gastbeitrag Veganaut)
    • Lost Bug - Almost Blue
    April 2018
    • V-Pops - Die leckere Eis-Alternative
    • Kommentar zur Lebenserwartung von Nutztieren (FB)
    • Nieder mit der Pyramide!
    März 2018
    • Himbeer-Zitronen-Cheesecake (vegan)
    • Der Ruf nach dem Stuhl
    Februar 2018
    • 11'000 Becher veganes Eis (Gastbeitrag Veganaut)
    • NoFurX Fotoshooting
    • Das Märchen vom klugen Pilz
    • Fünf vegane Rezepte (Vegan Challenge 2018)
    Januar 2018
    • What about Whataboutism?
    • DER META-POST
      (Was bisher geschah...)
    Dezember 2017
    • Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen - und dann irgendwann der Aktivismus
    November 2017
    • NoFurX (Official Video)
    • Wo sind die Aromen?
    Oktober 2017
    • #NoFurX
      (Online Petition)
    • Die Omertà der Erziehung (Gastbeitrag Blaufux)
    • Die ganz alltägliche Paranoia
    September 2017
    • Über Kampfjets, Drachen und blaue Vögel
    • Vegan Space Cakes
    August 2017
    • Untitled / Fuck Pornos II
    • Vegansk i København (Gastbeitrag Veganaut)
    Juli 2017
    • The Art Of Vegan Grilling
    Juni 2017
    • Wieso muss sich immer alles um Veganismus drehen?!
    • III. Der etwas andere WK
    • II. Nachwort
    • I. Das Faktum des Gebrotes
    Mai 2017
    • Unbeeindruckt!
    • Fair Fashion Revolution
    April 2017
    • Queen Save The Cod! (Gastbeitrag Veganaut)
    • Das Erdogan Dilemma
    • Copenhagenisation
    März 2017
    • Aquafaba Schoggimousse
    • Der Reset Button
    • Die Sache mit dem persönlichen Entscheid
    Februar 2017
    • Positive Trolling
    • Dear India
    Januar 2017
    • Missionsstrasse
    • Vorsatzlos glücklich?
    Dezember 2016
    • Flugentzug
    • Besser als Filet im Teig
    • P*lz
    November 2016
    • Die Post-Facebook-Generation
    • Trump Vodka
    Oktober 2016
    • UBS ⇒ ABS
    • Wild ohne Wild
    September 2016
    • Recycling Ärger
      (Online Petition)
    • Endlose Parteitreue
    • Bildung auf Sparflamme
    August 2016
    • Fuck Pornos
    • Der Retro Aktivist
    Juli 2016
    • Popkultur To GO
    • In einer konservativen Glockenwelt
    Juni 2016
    • Wer mit dem Feuer spielt
    • Dahinter blicken
    • Bedingungsloses Schweigen
    Mai 2016
    • Muckistrom
    • Die ewigen Leiden des Christoph B.
    April 2016
    • Der Preis der Umstel- lung / des Luxus
    • Alles eine Frage der Normalität
    März 2016
    • Im WM-Fieber
    Februar 2016
    • Vor den Wahlen ist nach den Wahlen
    • Die 2 %-Bewegung(en)
    Januar 2016
    • Totale Durchsetzung - Dritter Akt & Epilog
    • Totale Durchsetzung - Zweiter Akt
    • Totale Durchsetzung - Erster Akt
    • Alles beim Alten
    Dezember 2015
    • Klimaziel-Hoffnung (#dennichhandle)
    November 2015
    • Klimaziel-Resignation
    • Die Macht der Worte
    • #ForParis
    • Das Fremde wählen - Topinambur-Bratlinge
    Oktober 2015
    • Das Fremde wählen
    • In was für einer Welt leben wir eigentlich?
    September 2015
    • Vote Or Die (Or Don't)
    • Die Notwendigkeit sich unbeliebt zu machen
    • We Love Germany
    • Generation Easyjet
    August 2015
    • Konsequenz, die (f)
    • Das Versprechen
    • Fuck Converse!
Proudly powered by Weebly